Schöne neue Cyberwelt. Mythen, Helden und Irrwege des Hightech - Pasta blanda

dtv PREMIUM AUSGABE IM GROSSFORMAT. Wie die digitale Elite unsere Kultur bedroht. Haben uns die Technokraten der Computerindustrie längst in der Hand? Die Silicon-Valley-Insiderin Paulina Borsook schildert, wie eine digitale Elite, die unsere gewachsene Kultur, unsere Geschichte und unsere politisch-gesellschaftlichen Werte ignoriert, die geistig-intellektuelle Elite immer mehr verdrängt. Hier nämlich, so Borsook, liege die wirkliche Gefahr für die Gesellschaft der Zukunft: Mit dem Verschwinden der Politik gehe der Verlust der Mitmenschlichkeit einher, einer der wichtigsten Pfeiler unserer gesellschaftlichen Ordnung. In ihrem Buch rechnet sie mit der boomenden Cyberkultur samt ihrer Protagonisten ab, die von der Befreiung von allen Fesseln jedweder Ordnungssysteme träumen und den Computer für das Allheilmittel der Zukunft halten. Respektlos deckt Borsook die Hintergründe ihrer sogenannten »technolibertären« Gesinnung auf und demontiert die digitale Elite in ihrem grenzenlosen Überlegenheitsgefühl. Schöne neue Cyberwelt ist ein scharfsinniges und -züngiges Pamphlet und will es sein , das sensibilisiert für die sozialen und politischen Konsequenzen einer Welt, die von verantwortungsloser Technologiehörigkeit regiert wird., Die "schöne neue Cyberwelt" hat auch ihre gefährlichen Seiten, die man bei aller Euphorie über lukrative Geschäftsmöglichkeiten und grenzenlose Kommunikation nicht übersehen sollte -- meint zumindest die amerikanische Journalistin Paulina Borsook. Ihr Buch dreht sich nicht um die neue Technik an sich, sondern um die Menschen, die diese Technik geschaffen haben und weiterentwickeln: die Computereliten und Netzfanatiker im Silicon Valley und anderswo. Sie haben sich nach Ansicht der Autorin ein gefährliches Denken angeeignet und sich immer mehr abgesondert vom Rest der Gesellschaft. Zusammengeschweißt werden sie durch den Hass auf den Staat, den sie so weit als möglich zurückdrängen möchten. Er gilt ihnen als Bedrohung der scheinbar grenzenlosen Freiheit des Internets.

"Technolibertär" nennt Borsook dieses Denken, das den Staat ersetzen möchte durch die Herrschaft der Technik und der Techniker. Eine Ideologie allerdings nur für Starke -- die Schwächeren, die "nicht so gut in die strahlende und glückliche neue Informationsökonomie passen", sieht Borsook dabei bedroht. Überhaupt wirft sie der Computerelite ein unmenschliches Weltbild vor: technokratisches Denken, die Verabsolutierung der Arbeit auf Kosten des Privatlebens, Frauenfeindlichkeit, Scheu vor Menschen und Flucht in virtuelle Räume. Doch "wir leben in der realen Welt und nicht im Cyberspace", schreibt Borsook, die über zehn Jahre lang für das US-Hightech-Magazin Wired gearbeitet hat. Ein Zuhause sei mehr als nur der "Ort, wo wir unseren Laptop aufladen können".

Borsook kennt die Szene, über die sie schreibt, aus intensiver Erfahrung. Einerseits kann sie so Denk- und Verhaltensmuster von Menschen beschreiben, die oft im Verborgenen bleiben, obwohl sie unser aller Leben immer mehr beeinflussen. Andererseits verfällt die Autorin über weite Strecken in einen Insider-Jargon, der das Lesen mühsam macht für jene, die nicht in der Welt der Cypherpunks, des Digital-Cash und der Krypto-Kriege heimisch sind. Und gerade für die sollte das Buch doch geschrieben sein. --Christoph Peerenboom