Der Denkmalstreit - das Denkmal?. Die Debatte um das "Denkmal für die ermordeten Juden Europas". Eine Dokumentation - encuadernado, tapa blanda

Eigentlich sollte es ja um die inneren Werte gehen -- gerade bei einem Buch zu einem solchen Thema. Doch die Dokumentation der Debatte um das Berliner Holocaustmonument, oder genauer: "Denkmal für die ermordeten Juden Europas", präsentiert sich in einem derart monumentalen Format, daß der erste Gedanke auch des gutwilligsten Lesers unwillkürlich dem schieren Gewicht gelten dürfte. Zu Recht: Das Buch hat reichlich Telephonbuchgröße und wiegt mehrere Pfund.

Der gewaltige Umfang ist auch Programm: auf 1.300 Seiten zeichnet der Band ausführlich und in chronologischer Folge die Geschichte des Mahnmalprojekts von der Idee 1988 bis zum Mai 1999 nach. Dabei umfaßt das Material jede Phase der Planung und der Diskussion. Besonders breiten Raum nimmt natürlich der künstlerische Wettbewerb von 1994/95 und die anschließende Juryentscheidung ein, die der Ausgangspunkt einer breiten öffentlichen Diskussion waren. Alle eingereichten Entwürfe sowie die Stellungnahmen des Preisgerichts und die anschließende Pressedebatte sind genauestens dokumentiert.

Die enthusiastischen Hymnen, aber auch die aufgeregten Polemiken, die der Band versammelt, zeigen deutlich, daß die Frage nach der ästhetischen Umsetzung des Projekts stets nur ein Teilaspekt der Problematik war: Formale Fragen überschneiden und ergänzen sich immer wieder mit inhaltlichen Einwendungen. Obwohl das die Diskussion stellenweise denkbar unübersichtlich macht, zeigen die Texte doch auch, wie wenig die Grundlinien der Argumentation sich über die Jahre verändert haben.

Angesichts einer Debatte, bei der die Fronten derart unscharf, die Koalitionen so vielfältig, die Auseinandersetzungen so unendlich kompliziert zu rekonstruieren sind, ist die unglaubliche Materialfülle zweifellos das große Verdienst des Buches: Es versammelt gleichermaßen die Einwendungen der Gegner des Projekts wie die Hoffnungen der Befürworter, die Zweifel der Skeptiker und die Mahnungen der Initiatoren. Vielfalt und Fülle der Beiträge haben aber ihren Preis: Das Buch fordert den Leser. Es ist ein zeitgeschichtliches Quellenwerk und keine zusammenfassende Einführung in die Thematik. --Christian Demand