2005, ISBN: 9783492958929
Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Op… Más…
Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Operation plötzlich ganz neue Vorlieben und Träume wie aus einem früheren Leben, sie verliebt sich auch in einen Mann, der enger mit ihrem Schicksal verbunden ist, als sie je hätte ahnen können Für meine Tochter Tara und für Anna Paris, November 2005 Wieder hatte ich diesen schrecklichen Traum, der mich nicht losließ, mich blendete und beutelte. Es war mitten in der Nacht, als ich schreiend aufwachte. Ich war tot. Endlich. Ich träumte, dass ein letztes Nachbeben, zwei Jahre nach der Transplantation, meinem Ersatzherzen zum Verhängnis wurde. Ein dritter Infarkt, der entscheidende, the big one. Alles kann man eben nicht überleben. Zu Beginn meines Traums machte alles noch Sinn. Der lähmende Schmerz im Brustkorb, der auf den ganzen Arm übergreift und die Finger versteift, dieses mir brutal in den Leib gerammte Schwert, dann das Zusammensacken, als löse mein Körper sich auf, das schwarze Loch, das schrille Jaulen des Martinshorns, das mir immer Gänsehaut verursacht, wie wenn jemand mit quietschender Kreide über eine Tafel fährt. Dann die Hektik auf der kardiologischen Intensivstation. Blitzschnell wird mein noch zuckender Körper mit Röhrchen und transparenten Lanzen gespickt. Um mich herum ein Wall von Bildschirmen, von Monitoren, die das Leben kontrollieren. Wie am Set einer Fernsehshow. Was drehen wir heute? Deinen Tod. In einer einzigen Einstellung. Die Tonqualität ist miserabel, dieses ewige Piepen geht mir auf die Nerven. Blutrote Zahlen blinken auf. Dann wird das Kreischen der Apparate noch schriller, das Signal dafür, dass nichts mehr nach Plan läuft. Immer wieder fliegen die Flügeltüren auf, wie in einem schäbigen Westernsaloon, ein unablässiges und schwindelerregendes Kommen und Gehen. Ich befinde mich nicht einmal in einem echten Krankenzimmer, da ist kein Fenster, und auf dem Boden sind Plastikplanen ausgebreitet, die jegliche Flüssigkeit auffangen sollen. Kurz mit dem Schwamm drüber, und schon ist alles weg, keine Spur mehr, der Nächste bitte. Ich bin nicht hier, um zu schlafen, sondern um zu überleben, jetzt und sofort. Letzte Chance für mein Herz. Hektisches Treiben um mich herum. Diesmal scheint es ernst zu sein. Der Traum ist merkwürdig und befremdend. Jedes Bild ist von einem hübschen goldenen Schein umkränzt, wie auf den Heiligenbildchen, die ich als Kind wie Schätze sammelte. Schemenhaft erkenne ich meinen Vater, er steht stumm, wie erstarrt, und Lili, meine langjährige Freundin, hat die Augen voller Tränen. Wir werden doch jetzt nicht weinen! Was geht hier eigentlich vor? Mein eingenähtes Herz schlägt nur noch 30 Takte pro Minute, dann 29, 28, 27, der Blutdruck fällt. Mein Körper möchte den Eindringling ein für alle Mal verstoßen. »Gleich ist sie weg!«, brüllt mein Vater plötzlich. »So tun Sie doch endlich was, verdammt noch mal!« Es ist lange her, dass ich meinen Vater so außer sich gesehen habe. Das tut gut, Papa. Du solltest öfter so brüllen, dich von deinem Herzen, deinem Atem einfach davontragen lassen. Brüll weiter, zeig, dass du mich liebst, trotz allem, was ich dir zumute, und zieh deinen Mantel aus, er ist ja voller Schnee, du wirst dich erkälten. Mein armer Papa, das Blau seiner Augen wie ausgewaschen, großartig ist er, mein Ken, sein graues Haar schimmert wie der Himmel über seiner Bretagne. Er glaubt noch, dass ich es schaffen werde, mein Papa. So oft schon hat er mich am Rande des Abgrunds gesehen, ein Gespenst meiner selbst, aber dann bin ich doch wiederauferstanden, seine Tochter, der Phönix. Dabei scheint die Sinuskurve meiner Herzschläge auf dem Apparat, den ich im Spiegel über dem Waschbecken entdecke, zunehmend flacher zu werden. Ich erkenne keine präzisen Kurven mehr, kein beruhigendes Auf und Ab. Nein, der weiße Strich, der den Bildschirm in zwei Hälften teilt, bebt nur noch schwach, wie eine uralte Schlange. Also sollte ich einfach die Augen schließen. »Aber wo ist Tara? Wo ist meine Tochter?!« Meine Augen haben sich schlagartig wieder geöffnet. Ich suche den Raum ab, aber sie ist nicht da. »Kinder unter fünfzehn Jahren sind hier nicht zugelassen, Madame. Sie sollten sich ausruhen, nicht mehr sprechen, Sie sind zu schwach.« Der Ton der gewissenhaften Schwester ist kühl. Dass ich schwach bin, spüre ich ja selbst. Keine Sorge, Madame Pflegerin, ich werde nicht abhauen, um zu joggen, natürlich werde ich mich ausruhen, hier bei Ihnen und für eine lange, lange Zeit. Aber kurz vorher möchte ich noch meine Tochter sehen, können Sie das verstehen, Madame Pflegerin? Haben Sie Kinder? Tara ist fünf, ich würde sie so gern noch mit fünfzehn erleben, und heute pfeife ich auf die Hausordnung. »Tara? Tara!« Wer wird ihr denn sagen, dass ich sie liebe, wenn man sie nicht zu mir lässt? Dass ich, wenn ich heute sterbe, trotzdem immer da sein werde, für sie, in ihr, über ihr. Als Schmetterling mit hauchzarten Flügeln, der sich ihr auf die Schulter setzt, oder als eine dieser hübschen rot lackierten Schnecken, die sie so gern in der Hand hält, oder als schwebender Drache hoch über dem Strand, weißt du noch, meine Tara? Immer werde ich über dir, in deinem Himmel schweben. Aber wer wird dir sagen, dass ich dich liebe? Du, Papa? Wirst du es ihr ins Ohr brüllen, so wie vorhin? Ich verlasse mich auf dich. Sie muss es wissen, für immer und ewig, verstehst du? Mir blieb keine Zeit, es ihr noch zu sagen, bevor man mich holte, ich erinnere mich an nichts mehr, nur an den Schmerz und das Gejaule des Martinshorns. »Jetzt das Dobutamin. Maximaldosis! Keine Elektroschocks, wir warten ab. Mehr können wir momentan nicht machen.« Der diensthabende Kardiologe wirkt nervös, irgendwie ratlos. Sein Hals schwenkt mechanisch von Monitor zu Monitor, sein Blick verrät, dass man nichts mehr für mich tun kann. »Achtung! Wir sind kurz vor dem Crash!«, ist die Botschaft, die ich von der gerunzelten Stirn des hübschen Doktors ablese. Dieses Dobutamin ist ein tolles Zeug, so etwas wie legales Crack, und es ist nur den Stammgästen der Intensivstation vorbehalten. Oh ja, gebt mir Dobutamin, eine prima Idee! Hat sofort einen Wahnsinnseffekt. Ein chemischer Elektroschock, nach dem man sich sofort, und leider nur vorübergehend, energiegeladen, wirklich super fühlt. Dobutamin verwandelt einen Sterbenden in Speedy Gonzales. Die Dosis muss gewaltig sein, blitzartig reißt es mir die Augen auf, und schon kann ich loshaspeln: »Geht schon besser, verdammt, ja, ?s geht besser! Alles in Ordnung, Papa? Würdest du bitte Tara holen? Ich weiß, es ist noch früh, aber du kannst sie ruhig wecken. Ich möchte sie sehen, mit ihr sprechen. Alles okay, Lili? Du heulst doch nicht etwa? Tu das bloß nicht vor Tara! Und vor mir auch nicht, das macht mich nur depressiv. Ich habe Lust auf Carambar und Cola. Bitte, Papa. Und eigentlich doch auch auf Jogging. Aber wie ist das Wetter? Es schneit? Ach, schade. In Moonboots vor sich hin zu traben ist idiotisch. Dieser Arzt ist wirklich umwerfend! Hast du gesehen, Lili? Hast du seine Augen gesehen, seine Hände? Bitte, bitte, Herr Doktor, noch ein bisschen Dobutamin, nicht für mich, für unsere Lovestory. Noch einmal eine Liebesnacht kurz vor dem Tod. Ein schöner Abgang. Im Bett sterben, das ist mir ja recht, aber nicht allein. Ist dir schon aufgefallen, Lili, dass die Kardiologen auf der Intensivstation immer gut aussehen? Nein? Doch, das kannst du mir glauben. Bestes Casting. Sie nehmen immer diese Athleten, wie in den Serien, damit alles etwas reizvoller aussieht. Ich frage mich bloß, warum diese sexy Docs mich immer in so jämmerlichem Zustand sehen müssen, mit wachsbleichem Teint unter diesem fahlen Neonlicht, im Hemdchen aus Acryl, die Haare platt gedrückt vom Kopfkissen ? Pssst ? da kommt er wieder!« Das Problem beim Dobutamin ist natürlich, dass das Herz eine solche Schockbehandlung nicht lange aushält, das Leben mag Tricksereien nicht so recht. »Wir setzen das Dobutamin jetzt ab und kontrollieren, ob sich Ihr Zustand stabilisiert hat.« »Sind Sie sicher, Herr Doktor? ? Gefalle ich Ihnen etwa nicht?« »Wir haben keine andere Wahl.« Pech. Das war also mein letzter Aufreißversuch, mein letztes Verführungslächeln. Kein Dobutamin mehr, kein Sprit mehr. Ein brutaler Stopp. Mein Herz fällt in sein normales Tempo zurück, es ist abgenutzt, erschöpft. Mein Körper regt sich nicht mehr, wird kraftlos, löst sich auf. Ich schlafe ein, gleite davon. Eigentlich ein recht angenehmer Zustand. Ich spüre, wie die Hand meines Vaters meine immer eisiger werdenden Finger drückt. Du entfernst dich von mir, Papa, alles rückt ab von mir. Dieser hässliche Raum hier dehnt sich aus, wird endlos größer, ich aber schrumpfe. Ich fühle mich winzig, wie ein Baby, wie ein Insekt, und dann nichts mehr. Ein paar erstickte Schreie höre ich noch, dann wird aus dem schrillen Ton der Apparate ein permanentes Murmeln. Ich erlösche in einem endlosen und fernen Piep. Keine abgehackten Geräusche mehr, kein pulsierendes Blut mehr in meinen Venen, kein zartes Rosa mehr auf der Haut, das Leben erlischt. Ein letztes sanftes Streicheln von Papas Hand. Dann ist Schluss. Vorhang zu. Ich starb im Alter von 37 Jahren in Paris, frühmorgens unter einem noch nachtschwarzen Himmel, aus dem silbriger Schnee fiel. In meinem Traum wuchsen die Bilder so schnell wie Treibhauspflanzen und prallten in völlig anarchischen Montagesequenzen gegeneinander. Auch bei meinem Begräbnis war ich dabei. Das war um einiges lustiger. Der Pfarrer steckte in einer schwarzen Lederjacke und war wie Madonna in ihren Anfängen überall mit Kruzifixen gespickt. Meine Großtante Babette reiste vom Paradies an. Wie üblich, in tadelloser Haltung. Sie schien merkwürdig glückselig. Die Musik war gut, alles, was ich mag, die gute alte Zeit: Téléphone, Indochine, Blondie, die Stones und ein Prélude von Chopin, gespielt von meiner wiederauferstandenen Mutter, hinreißend in einem duftenden veilchenfarbenen Kleid. Wie ein Engel lächelte sie mir zu, und ich streckte ihr die Arme entgegen, kriegte sie aber nicht zu fassen. Das Dumme war nur: Kein Mensch schien traurig zu sein. Schon eigenartig, so ein fröhliches Begräbnis. Ich fürchte, ich werde ihnen nicht fehlen. An die lächelnden Gesichter erinnere ich mich genau. Die meisten Anwesenden kenne ich nicht, sind das meine Fans? Das gefällt mir. Die Kirche ist brechend voll, das macht mich glücklich. Man hat mir einen schönen weiß glänzenden Sarg ausgesucht, schlicht, stilvoll, eine gute Wahl. Geschnitzte Eiche und goldene Griffe kann ich nicht ausstehen. In der Filmwelt altert man nicht, da gilt nur alles oder nichts. Auch sterben darf man, wie ich in dieser Nacht. In der ersten Reihe entdecke ich ein Neugeborenes, allein, ein bizarrer rosa Säugling. Er sitzt da, splitternackt, mit geschlossenen Augen. Unter der durchsichtigen Haut kann ich das Blut in den winzigen Venen zirkulieren sehen. Kein Mensch achtet auf dieses Kind, es hält sich abseits von allen, nur ich scheine es zu sehen. Gespenstisch. »Schauspielerin Charlotte Valandrey ist heute Morgen in Paris an einem Herzinfarkt verstorben. Dem breiten Publikum wurde sie im Alter von sechzehn Jahren durch den Film Rouge Baiser bekannt. Beim Berliner Filmfest 1986 erhielt sie den Silbernen Bären für die beste weibliche Darstellerin. Unter anderem wird man sich an Charlotte als stürmische Journalistin in der beliebten Fernsehserie Les Cordier, juge et flic erinnern. In ihrer Autobiografie enthüllte sie, seit ihrem 17. Lebensjahr HIV-positiv gewesen zu sein und mit 34 Jahren eine Herztransplantation überlebt zu haben. Sie war Mutter einer kleinen Tochter ?« Ich hefte meinen Blick auf das kaum merklich geneigte Gesicht der hübschen Nachrichtensprecherin Claire mit dem blond gesträhnten Haar. Sie liest vom Teleprompter ab, und ihr Blick zeigt jene subtile Mischung aus unverbindlicher Anteilnahme und liebenswürdiger Teilnahmslosigkeit, wodurch jede Nachricht akzeptabel wird. Ich kommentiere jedes ihrer Worte und wünsche mir, dass sie mich hören könnte. »Aber nein, Claire, ich bin nicht tot, es ist nur ein Albtraum!« Ich versuche sie zu unterbrechen, aber vergeblich, sie spult ihren Text artig ab. Ein Infarkt? Ich würde eher von einem Erschöpfungszustand des Herzens sprechen. Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die so intensiv liebte, dass sie ein neues Herz brauchte und dann noch eines. Sind nicht aller guten Dinge drei? Diesmal offenbar nicht. Danke, liebe Claire, dieses Scheusal von HIV beim Namen genannt zu haben. Ehren wir die Toten, die dieses Virus jeglicher Abwehr beraubte, würdigen wir all jene, deren Krankheit man verschweigen musste. Ich empfinde keine Scham, bin eher stolz auf meinen Kampf. Wie Tausende andere habe ich nichts weiter verbrochen, als mich einfach der Liebe hinzugeben. Sagen Sie das! Mein erster Infarkt streckte mich nieder, als ich 34 war. Ist es hinreichend bekannt, dass die bei HIV eingesetzte antiretrovirale Tritherapie gleichzeitig das Herz strapaziert? Wir müssen sie aufklären, diese jungen Leute, die ungeschützten Sex praktizieren, die glauben, dass Aids aus der Mode wäre und es schlimmstenfalls Medikamente gäbe.Meine ersten Azidothymidin-Bonbons begann ich vor mehr als zehn Jahren zu schlucken, riesige Dinger, die mein Vater mir zerkleinerte und nach denen ich mich stets übergeben musste. Hätte ich ein neues Herz gebraucht, wenn ich nicht infiziert gewesen wäre? Wieso ist mein Herz so schnell an seine Grenzen gelangt? Ist doch ein bisschen früh für eine Herztransplantation, wenn man erst 34 ist, oder? Meine Herzen starben an den Nebenwirkungen notwendiger chemischer Präparate und einer Überdosis starker Emotionen. Ich habe mich verausgabt im Leben. Nichts Halbherziges tun, das lag in meiner Natur. Anders konnte ich es nie, mir ging immer alles ans Herz. Nichts glitt an mir ab. Ich bin vom Leben eher geschlagen als verhätschelt worden, vom brutalen, absurden Leben, da gab es Tiefschläge, da gab es Brüche und den stumpf gewordenen Blick meiner sterbenden Mutter. Alles traf mich mitten ins Herz. Heute endet mein Leben auf halber Strecke, da mich mein Herz abermals im Stich lässt. Nicht stark genug. Nichts scheint meinen Schicksalsschlägen gewachsen zu sein. Ich war ein eher hübsches Mädchen, mit lebhaft rosigen Lippen und stahlblauen Augen, und feierte schon mit sechzehn Jahren strahlende Erfolge. Eine tolle Zeit. Ich war in Filmen zu sehen, auf Plakaten an jeder Pariser Straßenecke, und zum ersten Mal in einen echten Rocker verliebt, den King meiner Poster. Ich lachte, spielte, wirbelte im Licht und liebte leidenschaftlich und unbekümmert. Doch damit war es bald vorbei. Ein Vorsorgetest. »Aber wieso denn?« Dann die Mitteilung, [PU: Piper, München/Zürich]<
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2005, ISBN: 9783492958929
Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Op… Más…
Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Operation plötzlich ganz neue Vorlieben und Träume wie aus einem früheren Leben, sie verliebt sich auch in einen Mann, der enger mit ihrem Schicksal verbunden ist, als sie je hätte ahnen können Für meine Tochter Tara und für Anna Paris, November 2005 Wieder hatte ich diesen schrecklichen Traum, der mich nicht losließ, mich blendete und beutelte. Es war mitten in der Nacht, als ich schreiend aufwachte. Ich war tot. Endlich. Ich träumte, dass ein letztes Nachbeben, zwei Jahre nach der Transplantation, meinem Ersatzherzen zum Verhängnis wurde. Ein dritter Infarkt, der entscheidende, the big one. Alles kann man eben nicht überleben. Zu Beginn meines Traums machte alles noch Sinn. Der lähmende Schmerz im Brustkorb, der auf den ganzen Arm übergreift und die Finger versteift, dieses mir brutal in den Leib gerammte Schwert, dann das Zusammensacken, als löse mein Körper sich auf, das schwarze Loch, das schrille Jaulen des Martinshorns, das mir immer Gänsehaut verursacht, wie wenn jemand mit quietschender Kreide über eine Tafel fährt. Dann die Hektik auf der kardiologischen Intensivstation. Blitzschnell wird mein noch zuckender Körper mit Röhrchen und transparenten Lanzen gespickt. Um mich herum ein Wall von Bildschirmen, von Monitoren, die das Leben kontrollieren. Wie am Set einer Fernsehshow. Was drehen wir heute? Deinen Tod. In einer einzigen Einstellung. Die Tonqualität ist miserabel, dieses ewige Piepen geht mir auf die Nerven. Blutrote Zahlen blinken auf. Dann wird das Kreischen der Apparate noch schriller, das Signal dafür, dass nichts mehr nach Plan läuft. Immer wieder fliegen die Flügeltüren auf, wie in einem schäbigen Westernsaloon, ein unablässiges und schwindelerregendes Kommen und Gehen. Ich befinde mich nicht einmal in einem echten Krankenzimmer, da ist kein Fenster, und auf dem Boden sind Plastikplanen ausgebreitet, die jegliche Flüssigkeit auffangen sollen. Kurz mit dem Schwamm drüber, und schon ist alles weg, keine Spur mehr, der Nächste bitte. Ich bin nicht hier, um zu schlafen, sondern um zu überleben, jetzt und sofort. Letzte Chance für mein Herz. Hektisches Treiben um mich herum. Diesmal scheint es ernst zu sein. Der Traum ist merkwürdig und befremdend. Jedes Bild ist von einem hübschen goldenen Schein umkränzt, wie auf den Heiligenbildchen, die ich als Kind wie Schätze sammelte. Schemenhaft erkenne ich meinen Vater, er steht stumm, wie erstarrt, und Lili, meine langjährige Freundin, hat die Augen voller Tränen. Wir werden doch jetzt nicht weinen! Was geht hier eigentlich vor? Mein eingenähtes Herz schlägt nur noch 30 Takte pro Minute, dann 29, 28, 27, der Blutdruck fällt. Mein Körper möchte den Eindringling ein für alle Mal verstoßen. »Gleich ist sie weg!«, brüllt mein Vater plötzlich. »So tun Sie doch endlich was, verdammt noch mal!« Es ist lange her, dass ich meinen Vater so außer sich gesehen habe. Das tut gut, Papa. Du solltest öfter so brüllen, dich von deinem Herzen, deinem Atem einfach davontragen lassen. Brüll weiter, zeig, dass du mich liebst, trotz allem, was ich dir zumute, und zieh deinen Mantel aus, er ist ja voller Schnee, du wirst dich erkälten. Mein armer Papa, das Blau seiner Augen wie ausgewaschen, großartig ist er, mein Ken, sein graues Haar schimmert wie der Himmel über seiner Bretagne. Er glaubt noch, dass ich es schaffen werde, mein Papa. So oft schon hat er mich am Rande des Abgrunds gesehen, ein Gespenst meiner selbst, aber dann bin ich doch wiederauferstanden, seine Tochter, der Phönix. Dabei scheint die Sinuskurve meiner Herzschläge auf dem Apparat, den ich im Spiegel über dem Waschbecken entdecke, zunehmend flacher zu werden. Ich erkenne keine präzisen Kurven mehr, kein beruhigendes Auf und Ab. Nein, der weiße Strich, der den Bildschirm in zwei Hälften teilt, bebt nur noch schwach, wie eine uralte Schlange. Also sollte ich einfach die Augen schließen. »Aber wo ist Tara? Wo ist meine Tochter?!« Meine Augen haben sich schlagartig wieder geöffnet. Ich suche den Raum ab, aber sie ist nicht da. »Kinder unter fünfzehn Jahren sind hier nicht zugelassen, Madame. Sie sollten sich ausruhen, nicht mehr sprechen, Sie sind zu schwach.« Der Ton der gewissenhaften Schwester ist kühl. Dass ich schwach bin, spüre ich ja selbst. Keine Sorge, Madame Pflegerin, ich werde nicht abhauen, um zu joggen, natürlich werde ich mich ausruhen, hier bei Ihnen und für eine lange, lange Zeit. Aber kurz vorher möchte ich noch meine Tochter sehen, können Sie das verstehen, Madame Pflegerin? Haben Sie Kinder? Tara ist fünf, ich würde sie so gern noch mit fünfzehn erleben, und heute pfeife ich auf die Hausordnung. »Tara? Tara!« Wer wird ihr denn sagen, dass ich sie liebe, wenn man sie nicht zu mir lässt? Dass ich, wenn ich heute sterbe, trotzdem immer da sein werde, für sie, in ihr, über ihr. Als Schmetterling mit hauchzarten Flügeln, der sich ihr auf die Schulter setzt, oder als eine dieser hübschen rot lackierten Schnecken, die sie so gern in der Hand hält, oder als schwebender Drache hoch über dem Strand, weißt du noch, meine Tara? Immer werde ich über dir, in deinem Himmel schweben. Aber wer wird dir sagen, dass ich dich liebe? Du, Papa? Wirst du es ihr ins Ohr brüllen, so wie vorhin? Ich verlasse mich auf dich. Sie muss es wissen, für immer und ewig, verstehst du? Mir blieb keine Zeit, es ihr noch zu sagen, bevor man mich holte, ich erinnere mich an nichts mehr, nur an den Schmerz und das Gejaule des Martinshorns. »Jetzt das Dobutamin. Maximaldosis! Keine Elektroschocks, wir warten ab. Mehr können wir momentan nicht machen.« Der diensthabende Kardiologe wirkt nervös, irgendwie ratlos. Sein Hals schwenkt mechanisch von Monitor zu Monitor, sein Blick verrät, dass man nichts mehr für mich tun kann. »Achtung! Wir sind kurz vor dem Crash!«, ist die Botschaft, die ich von der gerunzelten Stirn des hübschen Doktors ablese. Dieses Dobutamin ist ein tolles Zeug, so etwas wie legales Crack, und es ist nur den Stammgästen der Intensivstation vorbehalten. Oh ja, gebt mir Dobutamin, eine prima Idee! Hat sofort einen Wahnsinnseffekt. Ein chemischer Elektroschock, nach dem man sich sofort, und leider nur vorübergehend, energiegeladen, wirklich super fühlt. Dobutamin verwandelt einen Sterbenden in Speedy Gonzales. Die Dosis muss gewaltig sein, blitzartig reißt es mir die Augen auf, und schon kann ich loshaspeln: »Geht schon besser, verdammt, ja, ?s geht besser! Alles in Ordnung, Papa? Würdest du bitte Tara holen? Ich weiß, es ist noch früh, aber du kannst sie ruhig wecken. Ich möchte sie sehen, mit ihr sprechen. Alles okay, Lili? Du heulst doch nicht etwa? Tu das bloß nicht vor Tara! Und vor mir auch nicht, das macht mich nur depressiv. Ich habe Lust auf Carambar und Cola. Bitte, Papa. Und eigentlich doch auch auf Jogging. Aber wie ist das Wetter? Es schneit? Ach, schade. In Moonboots vor sich hin zu traben ist idiotisch. Dieser Arzt ist wirklich umwerfend! Hast du gesehen, Lili? Hast du seine Augen gesehen, seine Hände? Bitte, bitte, Herr Doktor, noch ein bisschen Dobutamin, nicht für mich, für unsere Lovestory. Noch einmal eine Liebesnacht kurz vor dem Tod. Ein schöner Abgang. Im Bett sterben, das ist mir ja recht, aber nicht allein. Ist dir schon aufgefallen, Lili, dass die Kardiologen auf der Intensivstation immer gut aussehen? Nein? Doch, das kannst du mir glauben. Bestes Casting. Sie nehmen immer diese Athleten, wie in den Serien, damit alles etwas reizvoller aussieht. Ich frage mich bloß, warum diese sexy Docs mich immer in so jämmerlichem Zustand sehen müssen, mit wachsbleichem Teint unter diesem fahlen Neonlicht, im Hemdchen aus Acryl, die Haare platt gedrückt vom Kopfkissen ? Pssst ? da kommt er wieder!« Das Problem beim Dobutamin ist natürlich, dass das Herz eine solche Schockbehandlung nicht lange aushält, das Leben mag Tricksereien nicht so recht. »Wir setzen das Dobutamin jetzt ab und kontrollieren, ob sich Ihr Zustand stabilisiert hat.« »Sind Sie sicher, Herr Doktor? ? Gefalle ich Ihnen etwa nicht?« »Wir haben keine andere Wahl.« Pech. Das war also mein letzter Aufreißversuch, mein letztes Verführungslächeln. Kein Dobutamin mehr, kein Sprit mehr. Ein brutaler Stopp. Mein Herz fällt in sein normales Tempo zurück, es ist abgenutzt, erschöpft. Mein Körper regt sich nicht mehr, wird kraftlos, löst sich auf. Ich schlafe ein, gleite davon. Eigentlich ein recht angenehmer Zustand. Ich spüre, wie die Hand meines Vaters meine immer eisiger werdenden Finger drückt. Du entfernst dich von mir, Papa, alles rückt ab von mir. Dieser hässliche Raum hier dehnt sich aus, wird endlos größer, ich aber schrumpfe. Ich fühle mich winzig, wie ein Baby, wie ein Insekt, und dann nichts mehr. Ein paar erstickte Schreie höre ich noch, dann wird aus dem schrillen Ton der Apparate ein permanentes Murmeln. Ich erlösche in einem endlosen und fernen Piep. Keine abgehackten Geräusche mehr, kein pulsierendes Blut mehr in meinen Venen, kein zartes Rosa mehr auf der Haut, das Leben erlischt. Ein letztes sanftes Streicheln von Papas Hand. Dann ist Schluss. Vorhang zu. Ich starb im Alter von 37 Jahren in Paris, frühmorgens unter einem noch nachtschwarzen Himmel, aus dem silbriger Schnee fiel. In meinem Traum wuchsen die Bilder so schnell wie Treibhauspflanzen und prallten in völlig anarchischen Montagesequenzen gegeneinander. Auch bei meinem Begräbnis war ich dabei. Das war um einiges lustiger. Der Pfarrer steckte in einer schwarzen Lederjacke und war wie Madonna in ihren Anfängen überall mit Kruzifixen gespickt. Meine Großtante Babette reiste vom Paradies an. Wie üblich, in tadelloser Haltung. Sie schien merkwürdig glückselig. Die Musik war gut, alles, was ich mag, die gute alte Zeit: Téléphone, Indochine, Blondie, die Stones und ein Prélude von Chopin, gespielt von meiner wiederauferstandenen Mutter, hinreißend in einem duftenden veilchenfarbenen Kleid. Wie ein Engel lächelte sie mir zu, und ich streckte ihr die Arme entgegen, kriegte sie aber nicht zu fassen. Das Dumme war nur: Kein Mensch schien traurig zu sein. Schon eigenartig, so ein fröhliches Begräbnis. Ich fürchte, ich werde ihnen nicht fehlen. An die lächelnden Gesichter erinnere ich mich genau. Die meisten Anwesenden kenne ich nicht, sind das meine Fans? Das gefällt mir. Die Kirche ist brechend voll, das macht mich glücklich. Man hat mir einen schönen weiß glänzenden Sarg ausgesucht, schlicht, stilvoll, eine gute Wahl. Geschnitzte Eiche und goldene Griffe kann ich nicht ausstehen. In der Filmwelt altert man nicht, da gilt nur alles oder nichts. Auch sterben darf man, wie ich in dieser Nacht. In der ersten Reihe entdecke ich ein Neugeborenes, allein, ein bizarrer rosa Säugling. Er sitzt da, splitternackt, mit geschlossenen Augen. Unter der durchsichtigen Haut kann ich das Blut in den winzigen Venen zirkulieren sehen. Kein Mensch achtet auf dieses Kind, es hält sich abseits von allen, nur ich scheine es zu sehen. Gespenstisch. »Schauspielerin Charlotte Valandrey ist heute Morgen in Paris an einem Herzinfarkt verstorben. Dem breiten Publikum wurde sie im Alter von sechzehn Jahren durch den Film Rouge Baiser bekannt. Beim Berliner Filmfest 1986 erhielt sie den Silbernen Bären für die beste weibliche Darstellerin. Unter anderem wird man sich an Charlotte als stürmische Journalistin in der beliebten Fernsehserie Les Cordier, juge et flic erinnern. In ihrer Autobiografie enthüllte sie, seit ihrem 17. Lebensjahr HIV-positiv gewesen zu sein und mit 34 Jahren eine Herztransplantation überlebt zu haben. Sie war Mutter einer kleinen Tochter ?« Ich hefte meinen Blick auf das kaum merklich geneigte Gesicht der hübschen Nachrichtensprecherin Claire mit dem blond gesträhnten Haar. Sie liest vom Teleprompter ab, und ihr Blick zeigt jene subtile Mischung aus unverbindlicher Anteilnahme und liebenswürdiger Teilnahmslosigkeit, wodurch jede Nachricht akzeptabel wird. Ich kommentiere jedes ihrer Worte und wünsche mir, dass sie mich hören könnte. »Aber nein, Claire, ich bin nicht tot, es ist nur ein Albtraum!« Ich versuche sie zu unterbrechen, aber vergeblich, sie spult ihren Text artig ab. Ein Infarkt? Ich würde eher von einem Erschöpfungszustand des Herzens sprechen. Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die so intensiv liebte, dass sie ein neues Herz brauchte und dann noch eines. Sind nicht aller guten Dinge drei? Diesmal offenbar nicht. Danke, liebe Claire, dieses Scheusal von HIV beim Namen genannt zu haben. Ehren wir die Toten, die dieses Virus jeglicher Abwehr beraubte, würdigen wir all jene, deren Krankheit man verschweigen musste. Ich empfinde keine Scham, bin eher stolz auf meinen Kampf. Wie Tausende andere habe ich nichts weiter verbrochen, als mich einfach der Liebe hinzugeben. Sagen Sie das! Mein erster Infarkt streckte mich nieder, als ich 34 war. Ist es hinreichend bekannt, dass die bei HIV eingesetzte antiretrovirale Tritherapie gleichzeitig das Herz strapaziert? Wir müssen sie aufklären, diese jungen Leute, die ungeschützten Sex praktizieren, die glauben, dass Aids aus der Mode wäre und es schlimmstenfalls Medikamente gäbe.Meine ersten Azidothymidin-Bonbons begann ich vor mehr als zehn Jahren zu schlucken, riesige Dinger, die mein Vater mir zerkleinerte und nach denen ich mich stets übergeben musste. Hätte ich ein neues Herz gebraucht, wenn ich nicht infiziert gewesen wäre? Wieso ist mein Herz so schnell an seine Grenzen gelangt? Ist doch ein bisschen früh für eine Herztransplantation, wenn man erst 34 ist, oder? Meine Herzen starben an den Nebenwirkungen notwendiger chemischer Präparate und einer Überdosis starker Emotionen. Ich habe mich verausgabt im Leben. Nichts Halbherziges tun, das lag in meiner Natur. Anders konnte ich es nie, mir ging immer alles ans Herz. Nichts glitt an mir ab. Ich bin vom Leben eher geschlagen als verhätschelt worden, vom brutalen, absurden Leben, da gab es Tiefschläge, da gab es Brüche und den stumpf gewordenen Blick meiner sterbenden Mutter. Alles traf mich mitten ins Herz. Heute endet mein Leben auf halber Strecke, da mich mein Herz abermals im Stich lässt. Nicht stark genug. Nichts scheint meinen Schicksalsschlägen gewachsen zu sein. Ich war ein eher hübsches Mädchen, mit lebhaft rosigen Lippen und stahlblauen Augen, und feierte schon mit sechzehn Jahren strahlende Erfolge. Eine tolle Zeit. Ich war in Filmen zu sehen, auf Plakaten an jeder Pariser Straßenecke, und zum ersten Mal in einen echten Rocker verliebt, den King meiner Poster. Ich lachte, spielte, wirbelte im Licht und liebte leidenschaftlich und unbekümmert. Doch damit war es bald vorbei. Ein Vorsorgetest. »Aber wieso denn?« Dann, [PU: Piper, München/Zürich]<
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2012, ISBN: 3492958923
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag, Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. De… Más…
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag, Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Operation plötzlich ganz neue Vorlieben und Träume wie aus einem früheren Leben, sie verliebt sich auch in einen Mann, der enger mit ihrem Schicksal verbunden ist, als sie je hätte ahnen können …, EPUB, 336 Seiten, [GR: 9116 - Nonbooks, PBS / Belletristik/Romanhafte Biografien], [SW: - ergreifend], [DRM: ,], [PU: Piper, München/Zürich]<
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eBook Download (EPUB), eBooks, [PU: Piper ebooks in Piper Verlag]
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2012, ISBN: 9783492958929
[ED: 1], Auflage, eBook Download (EPUB), eBooks, [PU: Piper Verlag]
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2005, ISBN: 9783492958929
Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Op… Más…
Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Operation plötzlich ganz neue Vorlieben und Träume wie aus einem früheren Leben, sie verliebt sich auch in einen Mann, der enger mit ihrem Schicksal verbunden ist, als sie je hätte ahnen können Für meine Tochter Tara und für Anna Paris, November 2005 Wieder hatte ich diesen schrecklichen Traum, der mich nicht losließ, mich blendete und beutelte. Es war mitten in der Nacht, als ich schreiend aufwachte. Ich war tot. Endlich. Ich träumte, dass ein letztes Nachbeben, zwei Jahre nach der Transplantation, meinem Ersatzherzen zum Verhängnis wurde. Ein dritter Infarkt, der entscheidende, the big one. Alles kann man eben nicht überleben. Zu Beginn meines Traums machte alles noch Sinn. Der lähmende Schmerz im Brustkorb, der auf den ganzen Arm übergreift und die Finger versteift, dieses mir brutal in den Leib gerammte Schwert, dann das Zusammensacken, als löse mein Körper sich auf, das schwarze Loch, das schrille Jaulen des Martinshorns, das mir immer Gänsehaut verursacht, wie wenn jemand mit quietschender Kreide über eine Tafel fährt. Dann die Hektik auf der kardiologischen Intensivstation. Blitzschnell wird mein noch zuckender Körper mit Röhrchen und transparenten Lanzen gespickt. Um mich herum ein Wall von Bildschirmen, von Monitoren, die das Leben kontrollieren. Wie am Set einer Fernsehshow. Was drehen wir heute? Deinen Tod. In einer einzigen Einstellung. Die Tonqualität ist miserabel, dieses ewige Piepen geht mir auf die Nerven. Blutrote Zahlen blinken auf. Dann wird das Kreischen der Apparate noch schriller, das Signal dafür, dass nichts mehr nach Plan läuft. Immer wieder fliegen die Flügeltüren auf, wie in einem schäbigen Westernsaloon, ein unablässiges und schwindelerregendes Kommen und Gehen. Ich befinde mich nicht einmal in einem echten Krankenzimmer, da ist kein Fenster, und auf dem Boden sind Plastikplanen ausgebreitet, die jegliche Flüssigkeit auffangen sollen. Kurz mit dem Schwamm drüber, und schon ist alles weg, keine Spur mehr, der Nächste bitte. Ich bin nicht hier, um zu schlafen, sondern um zu überleben, jetzt und sofort. Letzte Chance für mein Herz. Hektisches Treiben um mich herum. Diesmal scheint es ernst zu sein. Der Traum ist merkwürdig und befremdend. Jedes Bild ist von einem hübschen goldenen Schein umkränzt, wie auf den Heiligenbildchen, die ich als Kind wie Schätze sammelte. Schemenhaft erkenne ich meinen Vater, er steht stumm, wie erstarrt, und Lili, meine langjährige Freundin, hat die Augen voller Tränen. Wir werden doch jetzt nicht weinen! Was geht hier eigentlich vor? Mein eingenähtes Herz schlägt nur noch 30 Takte pro Minute, dann 29, 28, 27, der Blutdruck fällt. Mein Körper möchte den Eindringling ein für alle Mal verstoßen. »Gleich ist sie weg!«, brüllt mein Vater plötzlich. »So tun Sie doch endlich was, verdammt noch mal!« Es ist lange her, dass ich meinen Vater so außer sich gesehen habe. Das tut gut, Papa. Du solltest öfter so brüllen, dich von deinem Herzen, deinem Atem einfach davontragen lassen. Brüll weiter, zeig, dass du mich liebst, trotz allem, was ich dir zumute, und zieh deinen Mantel aus, er ist ja voller Schnee, du wirst dich erkälten. Mein armer Papa, das Blau seiner Augen wie ausgewaschen, großartig ist er, mein Ken, sein graues Haar schimmert wie der Himmel über seiner Bretagne. Er glaubt noch, dass ich es schaffen werde, mein Papa. So oft schon hat er mich am Rande des Abgrunds gesehen, ein Gespenst meiner selbst, aber dann bin ich doch wiederauferstanden, seine Tochter, der Phönix. Dabei scheint die Sinuskurve meiner Herzschläge auf dem Apparat, den ich im Spiegel über dem Waschbecken entdecke, zunehmend flacher zu werden. Ich erkenne keine präzisen Kurven mehr, kein beruhigendes Auf und Ab. Nein, der weiße Strich, der den Bildschirm in zwei Hälften teilt, bebt nur noch schwach, wie eine uralte Schlange. Also sollte ich einfach die Augen schließen. »Aber wo ist Tara? Wo ist meine Tochter?!« Meine Augen haben sich schlagartig wieder geöffnet. Ich suche den Raum ab, aber sie ist nicht da. »Kinder unter fünfzehn Jahren sind hier nicht zugelassen, Madame. Sie sollten sich ausruhen, nicht mehr sprechen, Sie sind zu schwach.« Der Ton der gewissenhaften Schwester ist kühl. Dass ich schwach bin, spüre ich ja selbst. Keine Sorge, Madame Pflegerin, ich werde nicht abhauen, um zu joggen, natürlich werde ich mich ausruhen, hier bei Ihnen und für eine lange, lange Zeit. Aber kurz vorher möchte ich noch meine Tochter sehen, können Sie das verstehen, Madame Pflegerin? Haben Sie Kinder? Tara ist fünf, ich würde sie so gern noch mit fünfzehn erleben, und heute pfeife ich auf die Hausordnung. »Tara? Tara!« Wer wird ihr denn sagen, dass ich sie liebe, wenn man sie nicht zu mir lässt? Dass ich, wenn ich heute sterbe, trotzdem immer da sein werde, für sie, in ihr, über ihr. Als Schmetterling mit hauchzarten Flügeln, der sich ihr auf die Schulter setzt, oder als eine dieser hübschen rot lackierten Schnecken, die sie so gern in der Hand hält, oder als schwebender Drache hoch über dem Strand, weißt du noch, meine Tara? Immer werde ich über dir, in deinem Himmel schweben. Aber wer wird dir sagen, dass ich dich liebe? Du, Papa? Wirst du es ihr ins Ohr brüllen, so wie vorhin? Ich verlasse mich auf dich. Sie muss es wissen, für immer und ewig, verstehst du? Mir blieb keine Zeit, es ihr noch zu sagen, bevor man mich holte, ich erinnere mich an nichts mehr, nur an den Schmerz und das Gejaule des Martinshorns. »Jetzt das Dobutamin. Maximaldosis! Keine Elektroschocks, wir warten ab. Mehr können wir momentan nicht machen.« Der diensthabende Kardiologe wirkt nervös, irgendwie ratlos. Sein Hals schwenkt mechanisch von Monitor zu Monitor, sein Blick verrät, dass man nichts mehr für mich tun kann. »Achtung! Wir sind kurz vor dem Crash!«, ist die Botschaft, die ich von der gerunzelten Stirn des hübschen Doktors ablese. Dieses Dobutamin ist ein tolles Zeug, so etwas wie legales Crack, und es ist nur den Stammgästen der Intensivstation vorbehalten. Oh ja, gebt mir Dobutamin, eine prima Idee! Hat sofort einen Wahnsinnseffekt. Ein chemischer Elektroschock, nach dem man sich sofort, und leider nur vorübergehend, energiegeladen, wirklich super fühlt. Dobutamin verwandelt einen Sterbenden in Speedy Gonzales. Die Dosis muss gewaltig sein, blitzartig reißt es mir die Augen auf, und schon kann ich loshaspeln: »Geht schon besser, verdammt, ja, ?s geht besser! Alles in Ordnung, Papa? Würdest du bitte Tara holen? Ich weiß, es ist noch früh, aber du kannst sie ruhig wecken. Ich möchte sie sehen, mit ihr sprechen. Alles okay, Lili? Du heulst doch nicht etwa? Tu das bloß nicht vor Tara! Und vor mir auch nicht, das macht mich nur depressiv. Ich habe Lust auf Carambar und Cola. Bitte, Papa. Und eigentlich doch auch auf Jogging. Aber wie ist das Wetter? Es schneit? Ach, schade. In Moonboots vor sich hin zu traben ist idiotisch. Dieser Arzt ist wirklich umwerfend! Hast du gesehen, Lili? Hast du seine Augen gesehen, seine Hände? Bitte, bitte, Herr Doktor, noch ein bisschen Dobutamin, nicht für mich, für unsere Lovestory. Noch einmal eine Liebesnacht kurz vor dem Tod. Ein schöner Abgang. Im Bett sterben, das ist mir ja recht, aber nicht allein. Ist dir schon aufgefallen, Lili, dass die Kardiologen auf der Intensivstation immer gut aussehen? Nein? Doch, das kannst du mir glauben. Bestes Casting. Sie nehmen immer diese Athleten, wie in den Serien, damit alles etwas reizvoller aussieht. Ich frage mich bloß, warum diese sexy Docs mich immer in so jämmerlichem Zustand sehen müssen, mit wachsbleichem Teint unter diesem fahlen Neonlicht, im Hemdchen aus Acryl, die Haare platt gedrückt vom Kopfkissen ? Pssst ? da kommt er wieder!« Das Problem beim Dobutamin ist natürlich, dass das Herz eine solche Schockbehandlung nicht lange aushält, das Leben mag Tricksereien nicht so recht. »Wir setzen das Dobutamin jetzt ab und kontrollieren, ob sich Ihr Zustand stabilisiert hat.« »Sind Sie sicher, Herr Doktor? ? Gefalle ich Ihnen etwa nicht?« »Wir haben keine andere Wahl.« Pech. Das war also mein letzter Aufreißversuch, mein letztes Verführungslächeln. Kein Dobutamin mehr, kein Sprit mehr. Ein brutaler Stopp. Mein Herz fällt in sein normales Tempo zurück, es ist abgenutzt, erschöpft. Mein Körper regt sich nicht mehr, wird kraftlos, löst sich auf. Ich schlafe ein, gleite davon. Eigentlich ein recht angenehmer Zustand. Ich spüre, wie die Hand meines Vaters meine immer eisiger werdenden Finger drückt. Du entfernst dich von mir, Papa, alles rückt ab von mir. Dieser hässliche Raum hier dehnt sich aus, wird endlos größer, ich aber schrumpfe. Ich fühle mich winzig, wie ein Baby, wie ein Insekt, und dann nichts mehr. Ein paar erstickte Schreie höre ich noch, dann wird aus dem schrillen Ton der Apparate ein permanentes Murmeln. Ich erlösche in einem endlosen und fernen Piep. Keine abgehackten Geräusche mehr, kein pulsierendes Blut mehr in meinen Venen, kein zartes Rosa mehr auf der Haut, das Leben erlischt. Ein letztes sanftes Streicheln von Papas Hand. Dann ist Schluss. Vorhang zu. Ich starb im Alter von 37 Jahren in Paris, frühmorgens unter einem noch nachtschwarzen Himmel, aus dem silbriger Schnee fiel. In meinem Traum wuchsen die Bilder so schnell wie Treibhauspflanzen und prallten in völlig anarchischen Montagesequenzen gegeneinander. Auch bei meinem Begräbnis war ich dabei. Das war um einiges lustiger. Der Pfarrer steckte in einer schwarzen Lederjacke und war wie Madonna in ihren Anfängen überall mit Kruzifixen gespickt. Meine Großtante Babette reiste vom Paradies an. Wie üblich, in tadelloser Haltung. Sie schien merkwürdig glückselig. Die Musik war gut, alles, was ich mag, die gute alte Zeit: Téléphone, Indochine, Blondie, die Stones und ein Prélude von Chopin, gespielt von meiner wiederauferstandenen Mutter, hinreißend in einem duftenden veilchenfarbenen Kleid. Wie ein Engel lächelte sie mir zu, und ich streckte ihr die Arme entgegen, kriegte sie aber nicht zu fassen. Das Dumme war nur: Kein Mensch schien traurig zu sein. Schon eigenartig, so ein fröhliches Begräbnis. Ich fürchte, ich werde ihnen nicht fehlen. An die lächelnden Gesichter erinnere ich mich genau. Die meisten Anwesenden kenne ich nicht, sind das meine Fans? Das gefällt mir. Die Kirche ist brechend voll, das macht mich glücklich. Man hat mir einen schönen weiß glänzenden Sarg ausgesucht, schlicht, stilvoll, eine gute Wahl. Geschnitzte Eiche und goldene Griffe kann ich nicht ausstehen. In der Filmwelt altert man nicht, da gilt nur alles oder nichts. Auch sterben darf man, wie ich in dieser Nacht. In der ersten Reihe entdecke ich ein Neugeborenes, allein, ein bizarrer rosa Säugling. Er sitzt da, splitternackt, mit geschlossenen Augen. Unter der durchsichtigen Haut kann ich das Blut in den winzigen Venen zirkulieren sehen. Kein Mensch achtet auf dieses Kind, es hält sich abseits von allen, nur ich scheine es zu sehen. Gespenstisch. »Schauspielerin Charlotte Valandrey ist heute Morgen in Paris an einem Herzinfarkt verstorben. Dem breiten Publikum wurde sie im Alter von sechzehn Jahren durch den Film Rouge Baiser bekannt. Beim Berliner Filmfest 1986 erhielt sie den Silbernen Bären für die beste weibliche Darstellerin. Unter anderem wird man sich an Charlotte als stürmische Journalistin in der beliebten Fernsehserie Les Cordier, juge et flic erinnern. In ihrer Autobiografie enthüllte sie, seit ihrem 17. Lebensjahr HIV-positiv gewesen zu sein und mit 34 Jahren eine Herztransplantation überlebt zu haben. Sie war Mutter einer kleinen Tochter ?« Ich hefte meinen Blick auf das kaum merklich geneigte Gesicht der hübschen Nachrichtensprecherin Claire mit dem blond gesträhnten Haar. Sie liest vom Teleprompter ab, und ihr Blick zeigt jene subtile Mischung aus unverbindlicher Anteilnahme und liebenswürdiger Teilnahmslosigkeit, wodurch jede Nachricht akzeptabel wird. Ich kommentiere jedes ihrer Worte und wünsche mir, dass sie mich hören könnte. »Aber nein, Claire, ich bin nicht tot, es ist nur ein Albtraum!« Ich versuche sie zu unterbrechen, aber vergeblich, sie spult ihren Text artig ab. Ein Infarkt? Ich würde eher von einem Erschöpfungszustand des Herzens sprechen. Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die so intensiv liebte, dass sie ein neues Herz brauchte und dann noch eines. Sind nicht aller guten Dinge drei? Diesmal offenbar nicht. Danke, liebe Claire, dieses Scheusal von HIV beim Namen genannt zu haben. Ehren wir die Toten, die dieses Virus jeglicher Abwehr beraubte, würdigen wir all jene, deren Krankheit man verschweigen musste. Ich empfinde keine Scham, bin eher stolz auf meinen Kampf. Wie Tausende andere habe ich nichts weiter verbrochen, als mich einfach der Liebe hinzugeben. Sagen Sie das! Mein erster Infarkt streckte mich nieder, als ich 34 war. Ist es hinreichend bekannt, dass die bei HIV eingesetzte antiretrovirale Tritherapie gleichzeitig das Herz strapaziert? Wir müssen sie aufklären, diese jungen Leute, die ungeschützten Sex praktizieren, die glauben, dass Aids aus der Mode wäre und es schlimmstenfalls Medikamente gäbe.Meine ersten Azidothymidin-Bonbons begann ich vor mehr als zehn Jahren zu schlucken, riesige Dinger, die mein Vater mir zerkleinerte und nach denen ich mich stets übergeben musste. Hätte ich ein neues Herz gebraucht, wenn ich nicht infiziert gewesen wäre? Wieso ist mein Herz so schnell an seine Grenzen gelangt? Ist doch ein bisschen früh für eine Herztransplantation, wenn man erst 34 ist, oder? Meine Herzen starben an den Nebenwirkungen notwendiger chemischer Präparate und einer Überdosis starker Emotionen. Ich habe mich verausgabt im Leben. Nichts Halbherziges tun, das lag in meiner Natur. Anders konnte ich es nie, mir ging immer alles ans Herz. Nichts glitt an mir ab. Ich bin vom Leben eher geschlagen als verhätschelt worden, vom brutalen, absurden Leben, da gab es Tiefschläge, da gab es Brüche und den stumpf gewordenen Blick meiner sterbenden Mutter. Alles traf mich mitten ins Herz. Heute endet mein Leben auf halber Strecke, da mich mein Herz abermals im Stich lässt. Nicht stark genug. Nichts scheint meinen Schicksalsschlägen gewachsen zu sein. Ich war ein eher hübsches Mädchen, mit lebhaft rosigen Lippen und stahlblauen Augen, und feierte schon mit sechzehn Jahren strahlende Erfolge. Eine tolle Zeit. Ich war in Filmen zu sehen, auf Plakaten an jeder Pariser Straßenecke, und zum ersten Mal in einen echten Rocker verliebt, den King meiner Poster. Ich lachte, spielte, wirbelte im Licht und liebte leidenschaftlich und unbekümmert. Doch damit war es bald vorbei. Ein Vorsorgetest. »Aber wieso denn?« Dann die Mitteilung, [PU: Piper, München/Zürich]<
2005, ISBN: 9783492958929
Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Op… Más…
Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Operation plötzlich ganz neue Vorlieben und Träume wie aus einem früheren Leben, sie verliebt sich auch in einen Mann, der enger mit ihrem Schicksal verbunden ist, als sie je hätte ahnen können Für meine Tochter Tara und für Anna Paris, November 2005 Wieder hatte ich diesen schrecklichen Traum, der mich nicht losließ, mich blendete und beutelte. Es war mitten in der Nacht, als ich schreiend aufwachte. Ich war tot. Endlich. Ich träumte, dass ein letztes Nachbeben, zwei Jahre nach der Transplantation, meinem Ersatzherzen zum Verhängnis wurde. Ein dritter Infarkt, der entscheidende, the big one. Alles kann man eben nicht überleben. Zu Beginn meines Traums machte alles noch Sinn. Der lähmende Schmerz im Brustkorb, der auf den ganzen Arm übergreift und die Finger versteift, dieses mir brutal in den Leib gerammte Schwert, dann das Zusammensacken, als löse mein Körper sich auf, das schwarze Loch, das schrille Jaulen des Martinshorns, das mir immer Gänsehaut verursacht, wie wenn jemand mit quietschender Kreide über eine Tafel fährt. Dann die Hektik auf der kardiologischen Intensivstation. Blitzschnell wird mein noch zuckender Körper mit Röhrchen und transparenten Lanzen gespickt. Um mich herum ein Wall von Bildschirmen, von Monitoren, die das Leben kontrollieren. Wie am Set einer Fernsehshow. Was drehen wir heute? Deinen Tod. In einer einzigen Einstellung. Die Tonqualität ist miserabel, dieses ewige Piepen geht mir auf die Nerven. Blutrote Zahlen blinken auf. Dann wird das Kreischen der Apparate noch schriller, das Signal dafür, dass nichts mehr nach Plan läuft. Immer wieder fliegen die Flügeltüren auf, wie in einem schäbigen Westernsaloon, ein unablässiges und schwindelerregendes Kommen und Gehen. Ich befinde mich nicht einmal in einem echten Krankenzimmer, da ist kein Fenster, und auf dem Boden sind Plastikplanen ausgebreitet, die jegliche Flüssigkeit auffangen sollen. Kurz mit dem Schwamm drüber, und schon ist alles weg, keine Spur mehr, der Nächste bitte. Ich bin nicht hier, um zu schlafen, sondern um zu überleben, jetzt und sofort. Letzte Chance für mein Herz. Hektisches Treiben um mich herum. Diesmal scheint es ernst zu sein. Der Traum ist merkwürdig und befremdend. Jedes Bild ist von einem hübschen goldenen Schein umkränzt, wie auf den Heiligenbildchen, die ich als Kind wie Schätze sammelte. Schemenhaft erkenne ich meinen Vater, er steht stumm, wie erstarrt, und Lili, meine langjährige Freundin, hat die Augen voller Tränen. Wir werden doch jetzt nicht weinen! Was geht hier eigentlich vor? Mein eingenähtes Herz schlägt nur noch 30 Takte pro Minute, dann 29, 28, 27, der Blutdruck fällt. Mein Körper möchte den Eindringling ein für alle Mal verstoßen. »Gleich ist sie weg!«, brüllt mein Vater plötzlich. »So tun Sie doch endlich was, verdammt noch mal!« Es ist lange her, dass ich meinen Vater so außer sich gesehen habe. Das tut gut, Papa. Du solltest öfter so brüllen, dich von deinem Herzen, deinem Atem einfach davontragen lassen. Brüll weiter, zeig, dass du mich liebst, trotz allem, was ich dir zumute, und zieh deinen Mantel aus, er ist ja voller Schnee, du wirst dich erkälten. Mein armer Papa, das Blau seiner Augen wie ausgewaschen, großartig ist er, mein Ken, sein graues Haar schimmert wie der Himmel über seiner Bretagne. Er glaubt noch, dass ich es schaffen werde, mein Papa. So oft schon hat er mich am Rande des Abgrunds gesehen, ein Gespenst meiner selbst, aber dann bin ich doch wiederauferstanden, seine Tochter, der Phönix. Dabei scheint die Sinuskurve meiner Herzschläge auf dem Apparat, den ich im Spiegel über dem Waschbecken entdecke, zunehmend flacher zu werden. Ich erkenne keine präzisen Kurven mehr, kein beruhigendes Auf und Ab. Nein, der weiße Strich, der den Bildschirm in zwei Hälften teilt, bebt nur noch schwach, wie eine uralte Schlange. Also sollte ich einfach die Augen schließen. »Aber wo ist Tara? Wo ist meine Tochter?!« Meine Augen haben sich schlagartig wieder geöffnet. Ich suche den Raum ab, aber sie ist nicht da. »Kinder unter fünfzehn Jahren sind hier nicht zugelassen, Madame. Sie sollten sich ausruhen, nicht mehr sprechen, Sie sind zu schwach.« Der Ton der gewissenhaften Schwester ist kühl. Dass ich schwach bin, spüre ich ja selbst. Keine Sorge, Madame Pflegerin, ich werde nicht abhauen, um zu joggen, natürlich werde ich mich ausruhen, hier bei Ihnen und für eine lange, lange Zeit. Aber kurz vorher möchte ich noch meine Tochter sehen, können Sie das verstehen, Madame Pflegerin? Haben Sie Kinder? Tara ist fünf, ich würde sie so gern noch mit fünfzehn erleben, und heute pfeife ich auf die Hausordnung. »Tara? Tara!« Wer wird ihr denn sagen, dass ich sie liebe, wenn man sie nicht zu mir lässt? Dass ich, wenn ich heute sterbe, trotzdem immer da sein werde, für sie, in ihr, über ihr. Als Schmetterling mit hauchzarten Flügeln, der sich ihr auf die Schulter setzt, oder als eine dieser hübschen rot lackierten Schnecken, die sie so gern in der Hand hält, oder als schwebender Drache hoch über dem Strand, weißt du noch, meine Tara? Immer werde ich über dir, in deinem Himmel schweben. Aber wer wird dir sagen, dass ich dich liebe? Du, Papa? Wirst du es ihr ins Ohr brüllen, so wie vorhin? Ich verlasse mich auf dich. Sie muss es wissen, für immer und ewig, verstehst du? Mir blieb keine Zeit, es ihr noch zu sagen, bevor man mich holte, ich erinnere mich an nichts mehr, nur an den Schmerz und das Gejaule des Martinshorns. »Jetzt das Dobutamin. Maximaldosis! Keine Elektroschocks, wir warten ab. Mehr können wir momentan nicht machen.« Der diensthabende Kardiologe wirkt nervös, irgendwie ratlos. Sein Hals schwenkt mechanisch von Monitor zu Monitor, sein Blick verrät, dass man nichts mehr für mich tun kann. »Achtung! Wir sind kurz vor dem Crash!«, ist die Botschaft, die ich von der gerunzelten Stirn des hübschen Doktors ablese. Dieses Dobutamin ist ein tolles Zeug, so etwas wie legales Crack, und es ist nur den Stammgästen der Intensivstation vorbehalten. Oh ja, gebt mir Dobutamin, eine prima Idee! Hat sofort einen Wahnsinnseffekt. Ein chemischer Elektroschock, nach dem man sich sofort, und leider nur vorübergehend, energiegeladen, wirklich super fühlt. Dobutamin verwandelt einen Sterbenden in Speedy Gonzales. Die Dosis muss gewaltig sein, blitzartig reißt es mir die Augen auf, und schon kann ich loshaspeln: »Geht schon besser, verdammt, ja, ?s geht besser! Alles in Ordnung, Papa? Würdest du bitte Tara holen? Ich weiß, es ist noch früh, aber du kannst sie ruhig wecken. Ich möchte sie sehen, mit ihr sprechen. Alles okay, Lili? Du heulst doch nicht etwa? Tu das bloß nicht vor Tara! Und vor mir auch nicht, das macht mich nur depressiv. Ich habe Lust auf Carambar und Cola. Bitte, Papa. Und eigentlich doch auch auf Jogging. Aber wie ist das Wetter? Es schneit? Ach, schade. In Moonboots vor sich hin zu traben ist idiotisch. Dieser Arzt ist wirklich umwerfend! Hast du gesehen, Lili? Hast du seine Augen gesehen, seine Hände? Bitte, bitte, Herr Doktor, noch ein bisschen Dobutamin, nicht für mich, für unsere Lovestory. Noch einmal eine Liebesnacht kurz vor dem Tod. Ein schöner Abgang. Im Bett sterben, das ist mir ja recht, aber nicht allein. Ist dir schon aufgefallen, Lili, dass die Kardiologen auf der Intensivstation immer gut aussehen? Nein? Doch, das kannst du mir glauben. Bestes Casting. Sie nehmen immer diese Athleten, wie in den Serien, damit alles etwas reizvoller aussieht. Ich frage mich bloß, warum diese sexy Docs mich immer in so jämmerlichem Zustand sehen müssen, mit wachsbleichem Teint unter diesem fahlen Neonlicht, im Hemdchen aus Acryl, die Haare platt gedrückt vom Kopfkissen ? Pssst ? da kommt er wieder!« Das Problem beim Dobutamin ist natürlich, dass das Herz eine solche Schockbehandlung nicht lange aushält, das Leben mag Tricksereien nicht so recht. »Wir setzen das Dobutamin jetzt ab und kontrollieren, ob sich Ihr Zustand stabilisiert hat.« »Sind Sie sicher, Herr Doktor? ? Gefalle ich Ihnen etwa nicht?« »Wir haben keine andere Wahl.« Pech. Das war also mein letzter Aufreißversuch, mein letztes Verführungslächeln. Kein Dobutamin mehr, kein Sprit mehr. Ein brutaler Stopp. Mein Herz fällt in sein normales Tempo zurück, es ist abgenutzt, erschöpft. Mein Körper regt sich nicht mehr, wird kraftlos, löst sich auf. Ich schlafe ein, gleite davon. Eigentlich ein recht angenehmer Zustand. Ich spüre, wie die Hand meines Vaters meine immer eisiger werdenden Finger drückt. Du entfernst dich von mir, Papa, alles rückt ab von mir. Dieser hässliche Raum hier dehnt sich aus, wird endlos größer, ich aber schrumpfe. Ich fühle mich winzig, wie ein Baby, wie ein Insekt, und dann nichts mehr. Ein paar erstickte Schreie höre ich noch, dann wird aus dem schrillen Ton der Apparate ein permanentes Murmeln. Ich erlösche in einem endlosen und fernen Piep. Keine abgehackten Geräusche mehr, kein pulsierendes Blut mehr in meinen Venen, kein zartes Rosa mehr auf der Haut, das Leben erlischt. Ein letztes sanftes Streicheln von Papas Hand. Dann ist Schluss. Vorhang zu. Ich starb im Alter von 37 Jahren in Paris, frühmorgens unter einem noch nachtschwarzen Himmel, aus dem silbriger Schnee fiel. In meinem Traum wuchsen die Bilder so schnell wie Treibhauspflanzen und prallten in völlig anarchischen Montagesequenzen gegeneinander. Auch bei meinem Begräbnis war ich dabei. Das war um einiges lustiger. Der Pfarrer steckte in einer schwarzen Lederjacke und war wie Madonna in ihren Anfängen überall mit Kruzifixen gespickt. Meine Großtante Babette reiste vom Paradies an. Wie üblich, in tadelloser Haltung. Sie schien merkwürdig glückselig. Die Musik war gut, alles, was ich mag, die gute alte Zeit: Téléphone, Indochine, Blondie, die Stones und ein Prélude von Chopin, gespielt von meiner wiederauferstandenen Mutter, hinreißend in einem duftenden veilchenfarbenen Kleid. Wie ein Engel lächelte sie mir zu, und ich streckte ihr die Arme entgegen, kriegte sie aber nicht zu fassen. Das Dumme war nur: Kein Mensch schien traurig zu sein. Schon eigenartig, so ein fröhliches Begräbnis. Ich fürchte, ich werde ihnen nicht fehlen. An die lächelnden Gesichter erinnere ich mich genau. Die meisten Anwesenden kenne ich nicht, sind das meine Fans? Das gefällt mir. Die Kirche ist brechend voll, das macht mich glücklich. Man hat mir einen schönen weiß glänzenden Sarg ausgesucht, schlicht, stilvoll, eine gute Wahl. Geschnitzte Eiche und goldene Griffe kann ich nicht ausstehen. In der Filmwelt altert man nicht, da gilt nur alles oder nichts. Auch sterben darf man, wie ich in dieser Nacht. In der ersten Reihe entdecke ich ein Neugeborenes, allein, ein bizarrer rosa Säugling. Er sitzt da, splitternackt, mit geschlossenen Augen. Unter der durchsichtigen Haut kann ich das Blut in den winzigen Venen zirkulieren sehen. Kein Mensch achtet auf dieses Kind, es hält sich abseits von allen, nur ich scheine es zu sehen. Gespenstisch. »Schauspielerin Charlotte Valandrey ist heute Morgen in Paris an einem Herzinfarkt verstorben. Dem breiten Publikum wurde sie im Alter von sechzehn Jahren durch den Film Rouge Baiser bekannt. Beim Berliner Filmfest 1986 erhielt sie den Silbernen Bären für die beste weibliche Darstellerin. Unter anderem wird man sich an Charlotte als stürmische Journalistin in der beliebten Fernsehserie Les Cordier, juge et flic erinnern. In ihrer Autobiografie enthüllte sie, seit ihrem 17. Lebensjahr HIV-positiv gewesen zu sein und mit 34 Jahren eine Herztransplantation überlebt zu haben. Sie war Mutter einer kleinen Tochter ?« Ich hefte meinen Blick auf das kaum merklich geneigte Gesicht der hübschen Nachrichtensprecherin Claire mit dem blond gesträhnten Haar. Sie liest vom Teleprompter ab, und ihr Blick zeigt jene subtile Mischung aus unverbindlicher Anteilnahme und liebenswürdiger Teilnahmslosigkeit, wodurch jede Nachricht akzeptabel wird. Ich kommentiere jedes ihrer Worte und wünsche mir, dass sie mich hören könnte. »Aber nein, Claire, ich bin nicht tot, es ist nur ein Albtraum!« Ich versuche sie zu unterbrechen, aber vergeblich, sie spult ihren Text artig ab. Ein Infarkt? Ich würde eher von einem Erschöpfungszustand des Herzens sprechen. Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die so intensiv liebte, dass sie ein neues Herz brauchte und dann noch eines. Sind nicht aller guten Dinge drei? Diesmal offenbar nicht. Danke, liebe Claire, dieses Scheusal von HIV beim Namen genannt zu haben. Ehren wir die Toten, die dieses Virus jeglicher Abwehr beraubte, würdigen wir all jene, deren Krankheit man verschweigen musste. Ich empfinde keine Scham, bin eher stolz auf meinen Kampf. Wie Tausende andere habe ich nichts weiter verbrochen, als mich einfach der Liebe hinzugeben. Sagen Sie das! Mein erster Infarkt streckte mich nieder, als ich 34 war. Ist es hinreichend bekannt, dass die bei HIV eingesetzte antiretrovirale Tritherapie gleichzeitig das Herz strapaziert? Wir müssen sie aufklären, diese jungen Leute, die ungeschützten Sex praktizieren, die glauben, dass Aids aus der Mode wäre und es schlimmstenfalls Medikamente gäbe.Meine ersten Azidothymidin-Bonbons begann ich vor mehr als zehn Jahren zu schlucken, riesige Dinger, die mein Vater mir zerkleinerte und nach denen ich mich stets übergeben musste. Hätte ich ein neues Herz gebraucht, wenn ich nicht infiziert gewesen wäre? Wieso ist mein Herz so schnell an seine Grenzen gelangt? Ist doch ein bisschen früh für eine Herztransplantation, wenn man erst 34 ist, oder? Meine Herzen starben an den Nebenwirkungen notwendiger chemischer Präparate und einer Überdosis starker Emotionen. Ich habe mich verausgabt im Leben. Nichts Halbherziges tun, das lag in meiner Natur. Anders konnte ich es nie, mir ging immer alles ans Herz. Nichts glitt an mir ab. Ich bin vom Leben eher geschlagen als verhätschelt worden, vom brutalen, absurden Leben, da gab es Tiefschläge, da gab es Brüche und den stumpf gewordenen Blick meiner sterbenden Mutter. Alles traf mich mitten ins Herz. Heute endet mein Leben auf halber Strecke, da mich mein Herz abermals im Stich lässt. Nicht stark genug. Nichts scheint meinen Schicksalsschlägen gewachsen zu sein. Ich war ein eher hübsches Mädchen, mit lebhaft rosigen Lippen und stahlblauen Augen, und feierte schon mit sechzehn Jahren strahlende Erfolge. Eine tolle Zeit. Ich war in Filmen zu sehen, auf Plakaten an jeder Pariser Straßenecke, und zum ersten Mal in einen echten Rocker verliebt, den King meiner Poster. Ich lachte, spielte, wirbelte im Licht und liebte leidenschaftlich und unbekümmert. Doch damit war es bald vorbei. Ein Vorsorgetest. »Aber wieso denn?« Dann, [PU: Piper, München/Zürich]<
2012
ISBN: 3492958923
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag, Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. De… Más…
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag, Eine Geschichte, so unglaublich wie wahr: Die lang erwartete Herztransplantation rettet Charlotte Valandrey das Leben. Und stellt es auf den Kopf. Denn nicht nur hat Charlotte nach der Operation plötzlich ganz neue Vorlieben und Träume wie aus einem früheren Leben, sie verliebt sich auch in einen Mann, der enger mit ihrem Schicksal verbunden ist, als sie je hätte ahnen können …, EPUB, 336 Seiten, [GR: 9116 - Nonbooks, PBS / Belletristik/Romanhafte Biografien], [SW: - ergreifend], [DRM: ,], [PU: Piper, München/Zürich]<
2012, ISBN: 9783492958929
eBook Download (EPUB), eBooks, [PU: Piper ebooks in Piper Verlag]
2012, ISBN: 9783492958929
[ED: 1], Auflage, eBook Download (EPUB), eBooks, [PU: Piper Verlag]
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Detalles del libro - Mein fremdes Herz
EAN (ISBN-13): 9783492958929
ISBN (ISBN-10): 3492958923
Año de publicación: 2012
Editorial: Piper ebooks in Piper Verlag
336 Páginas
Idioma: ger/Deutsch
Libro en la base de datos desde 2007-03-10T12:58:31+01:00 (Madrid)
Página de detalles modificada por última vez el 2018-05-07T13:03:30+02:00 (Madrid)
ISBN/EAN: 9783492958929
ISBN - escritura alterna:
3-492-95892-3, 978-3-492-95892-9
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Autor del libro: charlot, charlotte valandrey
Título del libro: mein fremdes herz, fremde
Datos del la editorial
Autor: Charlotte Valandrey
Título: Mein fremdes Herz; De coeur inconnu
Editorial: Piper ebooks in Piper Verlag; le cherche midi, Paris
Año de publicación: 2012-10-09
Traductor: Annette Lallemand
Idioma: Alemán
9,99 € (DE)
9,99 € (AT)
11,00 CHF (CH)
Not available (reason unspecified)
EA; E101; Nonbooks, PBS / Belletristik/Romanhafte Biografien; Biografien und Sachliteratur; Liebesgeschichte; Transplantation; Schicksal; Herztransplantation; ergreifend; Organspende; EA; BC
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