Melucci, Giulia:Die Nudeln meines Lebens
- libro nuevo 2009, ISBN: 3641036380
In englischer Sprache. Verlag: Limes, Jedes Mal, wenn ich mich mit jemand Neuem verabrede, überkommt es mich einfach. Egal, wie oft meine Freundinnen mich warnen: »Lass es langsam angehen… Más…
In englischer Sprache. Verlag: Limes, Jedes Mal, wenn ich mich mit jemand Neuem verabrede, überkommt es mich einfach. Egal, wie oft meine Freundinnen mich warnen: »Lass es langsam angehen, lass dich von ihm erobern, gib nicht gleich alles«, kann ich einfach nicht widerstehen -ich muss für ihn kochen. Ein neuer Freund ist eine verlockende Gelegenheit, mit dem anzugeben, worin ich mich sicher fühle: meine Kochkunst. Schon beim ersten Blick schätze ich die gastronomischen Vorlieben des entsprechenden Mannes ein, und meine Vermutungen erweisen sich stets als richtig. Von einfacher Pasta bis zu langsam garenden Eintöpfen und saftigen, köstlich gewürzten Braten mit perfekt gebräunten Kartoffeln und knackigem Gemüse habe ich Essen jeder Art zubereitet. Ich habe Schokoladenkuchen, Käsekuchen und Obstkuchen mit Früchten der Saison gebacken. Und ich habe mich mit den unterschiedlichsten Männern verabredet: Künstler, Anwälte, Banker und Schriftsteller, freundlich und unfreundlich, bereit, sich einzulassen, und so offen für eine Bindung, wie ich offen für ein Essen bei McDonalds bin. In jeder meiner Beziehungen habe ich meine Fähigkeiten vervollkommnet und Vertrauen in meinen Kochstil entwickelt. Die Männer, die durch mein Leben gegangen sind, waren allesamt kulinarische Inspirationen für mich, und wenn ich letztendlich auch nicht schlau über die Liebe geworden bin, so habe ich zumindest gelernt, mit größter Schlichtheit zu kochen und dabei ein Maximum an Geschmack hervorzubringen, denn wenn man verliebt ist, braucht man Zeit für andere Dinge als Essen. Aber gutes Essen ist die beste Ergänzung, die mir zu den vielen Freuden der Liebe einfällt. Darüber hinaus vermag es ein großer Trost für den Schmerz zu sein, den sie oft verursacht. Und dabei spreche ich nicht von offensichtlichen Heilmitteln wie riesigen Eisbechern! So etwas war nie mein Stil. Nein, der beste Balsam für ein gebrochenes Herz ist nahrhaftes Essen, das du dir in deiner Küche zubereitest (oder noch besser, Essen, das eine liebe Freundin für dich kocht; ich habe zum Glück viele, die großartige Köchinnen sind). Ein Essen, mit dem du deinem Herzen und deinem Geist vermittelst, dass du dir selbst der beste Freund bist, jedenfalls bis der nächste Mann kommt, und er kommt immer, und du wieder glücklich für zwei kochen kannst. In puncto Liebe war ich ein Spätzünder. Kit Fraser war mein erster richtiger Freund. Er trat im Januar 1990 in mein Leben, einen Tag, nachdem ich mein erstes New Yorker Apartment bezogen hatte: eine untervermietete Wohnung, die ich mir mit Jennifer Warren teilte, einer guten Freundin aus dem College. In den ersten achtzehn Monaten nach meinem Collegeabschluss lebte ich bei meiner Mutter im Haus meiner Kindheit in Brooklyn. Diese Bleibe war zwar nicht das, was ich mir für meine Zeit nach dem College erträumt hatte, doch der Umzug in ein eigenes Heim hatte sich durch den Tod meines Vaters verzögert, der mit dem Ende meiner Schulzeit zusammenfiel. Die Vorstellung, meine Mutter allein in diesem großen grauen Haus zurückzulassen, gefiel mir nicht. Andererseits hatte ich aber auch die Nase voll davon, dass meine beiden Brüder den Keller als Proberaum für ihre Band nutzten, während ihre Freundinnen in der Küche saßen und sich an den Vorräten gütlich taten, als wären sie die Herrinnen des Hauses. Es war laut und unbequem. Ich musste weg. An jenem Montagmorgen sagte Lucy, meine Chefin beim Sp-Magazin, der legendären satirischen Monatszeitschrift, bei der ich als Assistentin der Bildredaktion angestellt war, zu mir: »Da Sie jetzt eine neue Wohnung haben, werden Sie wahrscheinlich auch einen neuen Freund finden.« Was für einen neuen Freund?, fragte ich mich. Es hatte nie einen alten gegeben. Nun, jedenfalls über einen langen Zeitraum nicht mehr. Bis dahin war der einzige Mann, den ich ehrlich einen Freund nennen konnte, Steve Sullivan gewesen, ein Nachbarjunge, der vier Jahre älter war als ich und mit dem ich um meinen sechzehnten Geburtstag herum etwa vier Wochen lang ging. Das ist mir in Erinnerung geblieben, weil Steve mich zum Feiern auf wirklich sehr erwachsene Weise in ein Restaurant einlud und mir ein Armband aus Jadeperlen zum Geschenk machte. Er trug einen Mantel und eine Krawatte - und ich ein Kleid von Bergdorf Goodman. Meine Mutter ging in jenen Tagen sehr freizügig mit ihren Kundenkarten diverser Warenhäuser um und schickte mich regelmäßig zum Kleiderkaufen und Haareschneiden in »die Stadt«, wie wir es nannten, zu Bergdorfs, dem Inbegriff der Eleganz. Ich hatte jedes Mal einen handgeschriebenen Zettel von ihr dabei, auf dem sie ihre Einwilligung zur Benutzung ihrer Kundenkarte gab, für den Fall, dass mich jemand danach fragte (was nie vorkam). Ich verstand mich damals als Punkrockerin, und das Kleid war dementsprechend ein Bergdorf-Goodman-Punkverschnitt: Seine obere Hälfte bestand aus wasserblauem Trikotstoff, am Kragen und an den Ärmeln sehr lässig geschnitten, während die untere Hälfte aus weißem Baumwollstoff gearbeitet war, von Hand zusammengenäht und bemalt. Ich hielt dies für genau das richtige Maß an Eleganz für Steve, der auf dem College war, aber zu Hause wohnte und sich gern mit den Freundinnen seiner Schwester Lizzie herumtrieb, zu denen ich gehörte, wenn auch nur am Rande. Ich wuchs in Bay Ridge auf, einem Viertel von New York, das - tragischerweise - vor allem als Drehort von Saturday Night Fever bekannt ist, einem Film, dem die Italo-Amerikaner genauso viel verdanken wie der Gotti-Familie. Mag der Film auch ein paar Wahrheiten beinhalten, so sahen wir darin doch lieber die Wahrheiten des Bensonhurst-Viertels. Die Nachbarschaft, in der ich aufwuchs, setzte sich aus irischen wie italienischen Familien zusammen. Meine Freunde hatten echte Probleme: geschiedene Eltern, alkoholabhängige Eltern oder beides; drogenabhängige Geschwister. Aber die stürmten nicht die Tanzfläche, um ihre Probleme in den Griff zu kriegen - sie machten sich lieber darüber lustig. Jedes Mal, wenn ein obdachlos wirkender Mann die Straße herunterkam, pflegte Denise O'Dea, meine beste Freundin auf der Highschool, mitleiderregend zu jammern: »Daddyyyy! Daddy, komm nach Hause!« Ich finde das noch immer zum Lachen. Nach der Schule gingen Denise und ich immer zu den Sullivans. Dort hielt Lizzie Hof über eine Schar ehemaliger Klassenkameradinnen aus Our Lady of Angels, der Gemeindeschule, die ihrem Haus direkt gegenüberlag. EPUB, [GR: 9110 - Nonbooks, PBS / Belletristik/Erzählende Literatur], [SW: - Belletristik: allgemein und literarisch][PU:Limes]<